Meine Schmerzen gingen im Alter von etwa 16 Jahren los, die Diagnose kam kurz vor meinem 20. Lebensjahr.
Die Symptome waren wie bei den meisten wahrscheinlich: Schmerzen beim Laufen. Das ging dann so weit, dass ich am Ende nur noch am Humpeln war. Ich war bei einigen Ärzten, jeder hatte eine andere Diagnose. Von Zerrung über ich sei "zu jung für etwas Ernsthaftes“ und ich würde „simulieren“ konnte ich mir Einiges anhören. Ich hatte am Ende sogar eine Beckenfraktur durch den Tumor. Ich wurde von einer einzigen Ärztin in meinem Umkreis ernst genommen, das war der 29.04.2011 (Hochzeitstag von Kate und William, ich saß stundenlang im Wartezimmer und habe diese Hochzeit nebenher geschaut) sie war die Erste, die direkt gefragt hat, ob man mal ein Röntgenbild vom Becken gemacht hat. Bis zu diesem Zeitpunkt ist in diesen 3 Jahren nur ein Bild der Hüfte entstanden, da war noch nichts sichtbar und ich konnte nicht ahnen, dass der Tumor auf meine Nerven der Hüfte gedrückt hat. Dadurch waren die Schmerzen auch überwiegend in der Hüfte präsent. Nach dem Röntgenbild war klar, dass da etwas nicht stimmt.
Es wurde Mitte Mai und dann ging es ganz schnell: Ab zum CT. Verdacht auf Leukämie oder Osteosarkom - hat sich beides nicht bestätigt. Ich kam dann relativ schnell nach Heidelberg, da erfolgte dann die Biopsie, das Ergebnis war in unter 7 Tagen da. Ich kann mich heute noch ganz gut an den Arzt erinnern, wie herzlos er mir diese Diagnose gesagt hat. Ganz trocken: „Sie haben ein Ewing Sarkom im Becken und in der Hüfte, ihre Überlebenschance liegt bei…..“ ab da habe ich auf Durchzug geschaltet und einfach den Raum verlassen. Meine Eltern saßen mit mir in diesem Raum und ich bin einfach rausgelaufen und musste schlucken.
Ich kam anschließend schnell nach Münster und wurde auf Schmerzmittel eingestellt: Viel Morphium, Targin, Lyrica etc.
Die erste Chemo ging Anfang Juni 2011 los.
Ich wurde nach Protokoll behandelt, also VIDE vor der OP, VAC/VAI nach der OP. Ich war teilweise so betäubt von der Chemo, dass ich einerseits nur geschlafen habe und andererseits mir die Seele aus dem Leib kotzte.
Manchmal habe ich Dinge gegessen wie Joghurt, weil ich wusste, dass ich mich beim Erbrechen nicht so quälen werde - Hauptsache nicht wieder Magensäure brechen. Es gab leider keine Chemo ohne Fieber: 3 Tage zuhause, 7 wieder im Krankenhaus und wenn die Blutwerte ok waren ging die Chemo weiter. Also alles wieder von vorne: Chemo, schlafen, kotzen, schlafen, kotzen.
Ich war so dermaßen empfindlich auf Gerüche, sodass ich jedes Mal gekotzt habe, wenn ich nur in den Aufzug gestiegen bin und das hat noch Jahre danach angehalten.
Ich konnte nicht normal einsteigen ohne Übelkeit und Erbrechen, weil ich einfach so schlechte Erinnerungen daran hatte. Es gibt heute noch Lebensmittel mit denen ich echt zu kämpfen habe. Ich musste auch nach jeder Chemo Bluttransfusion erhalten und habe mir selber Stammzellen gesammelt für den Fall der Fälle, habe sie aber nie benötigt. Anfangs war noch nicht klar, ob sich Metastasen gebildet hatten. Es ging zwar niemand davon aus und meine Organe waren tatsächlich frei, sowie die Knochen und das Knochenmark.
Ich wurde dann im Dezember 2011 in Münster operiert und bekam eine innere Hemipelvektomie, sprich: Meine komplette linke Beckenschaufel wurde entfernt und dafür ein Spacer eingesetzt.
2 Wochen später ging es mit Chemo weiter und ich wurde zusätzlich bestrahlt. Durch die Chemo waren die Blutwerte natürlich schlecht, es hat ewig gedauert bis die Narbe ordentlich abgeheilt ist. Ich hatte 6 Wochen Bettruhe und die ersten 2 Wochen waren die Hölle auf Erden für mich, wenn man einfach alles in diesem Bett machen muss.
Die Bestrahlung habe ich dann auch nicht so gut vertragen. Ein großer Teil vom Bestrahlungsfeld war am Ende verbrannt, also noch eine Wunde die heilen musste und nicht konnte. 1 Jahr später wurde aber im Juni 2012 die letzte Chemo angeschlossen, als diese durch war und meine Blutwerte sich erholt haben, ich die letzte Bluttransfusion bekomme habe, dann sind sowohl die OP-Wunden (nach 6 Monaten!) und auch die Verbrennungen ordentlich abgeheilt. Man sieht heute außer den großen Narben eigentlich nichts mehr davon, von den Verbrennungen habe ich keine Narben, weil es dann gut verheilt ist.
Ich war dann insgesamt 2-mal in der Reha (Katharinenhöhe in Schönwald), einmal 4 Wochen und dann 8 Wochen am Stück. Bei der ersten Reha war es erstmal das Ziel, dass ich generell wieder mobilisiert werde, da ging es schon um „Kleinigkeiten“ wie Socken alleine anziehen oder Schuhe etc. Die Beckenregion war so versteift, dass ich nicht mal mehr an meine Füße gekommen bin und auf Hilfe im Alltag angewiesen war.
Mittlerweile sieht die Welt ganz anders aus: Ich habe mit 25 eine Ausbildung abgeschlossen, lebe alleine und bekomme auch hier und da Unterstützung durch Freunde und Familie (hauptsächlich, wenn ich etwas Schweres einfach nicht selbst tragen kann).
Man eignet sich einiges einfach an mit der Zeit, dadurch dass ich die Krücken immer brauche und gar nicht ohne laufen kann. Normale Dinge im Alltag wie Auto fahren, einkaufen, putzen etc. funktionieren ganz gut, manches dauert länger und bei anderen Dingen muss ich mir dann auch eingestehen, dass ich sie alleine nicht schaffe und Hilfe brauche. Ich arbeite Vollzeit im öffentlichen Dienst und das funktioniert auch ganz gut.
Es gab hier und da in der Nachsorge mit Verdacht auf „da ist was“, aber hat sich nie etwas bestätigt. Oder es waren generell durch die ganzen Operationen eben Flüssigkeitsansammlungen im linken Bein, da das Bein nach der Hemipelvektomie sehr oft entzündet war.
Dieses Jahr werde ich einfach schon 34 und bin seit 2012 komplett krebsfrei!
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